Stilvolle Erinnerungsstücke

Die Geschichte Der Souvenirjacke – Vom Souvenir Für Soldaten Zum Ausdruck Persönlichen Stils

Anders als viele passionierte Modesammler musste der kalifornische Künstler Steven Vandervate keine Tausenden von Dollar für eine Vintage-Souvenirjacke ausgeben: Sein Vater vererbte ihm eine. Von 1955 bis 1956 war Vandervates Vater in Seoul stationiert. Er und einige andere Mitglieder seiner Einheit bei der US Air Force ließen ihre Standardjacken des Typs MA-1 von einem Seidenkünstler außerhalb des Stützpunktes personalisieren. Das auf der Rückseite aufgebrachte Design zeigt oben die amerikanische und die koreanische Flagge. Unten sind die Daten seines Einsatzes zu sehen – nach dem koreanischen Kalender die Jahre 4288–4289. In der Mitte, die koreanische Halbinsel teilend, prangt das ultimative Symbol für unzähmbare Kraft: ein Drache.

Dieser Stil wurde einige Jahre zuvor im japanischen Yokosuka in der Präfektur Kanagawa entworfen. Dort schufen ortsansässige Künstler und Mitglieder der U.S. 7th Fleet die Sukajan: die heutigen „Souvenirjacken“. Die Originale vereinten den Stil von College-Jacken mit üblichen asiatischen Motiven, die in feinster Stickarbeit gesetzt wurden und Bezug auf die jeweiligen Militäreinheiten der Soldaten nahmen. Und da sie oftmals auch Ort und Daten des geleisteten Dienstes aufwiesen, wurden sie immer häufiger „Souvenir-Dienstjacken“ genannt.
                            Mitglieder des US Air Force 4708th Defense Wing auf dem Luftwaffenstützpunkt Otis, 1954
Mitglieder des US Air Force 4708th Defense Wing auf dem Luftwaffenstützpunkt Otis, 1954

W. David Marx, ein heute in Tokio lebender US-amerikanischer Modehistoriker, erfasst die lange Geschichte des Gebens und Nehmens zwischen den beiden Kulturen in seinem 2015 erschienenen Buch Ametora: How Japan Saved American Style. Darin taucht er unter anderem tief in die Geschichte der Souvenirjacken ein. Dieser begann kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges mit der Produktion von Kunstseide-Versionen von College-Sportjacken durch das Unternehmen Toyo Enterprise, die auf den Stützpunkten verkauft wurden.

„Sie waren äußerst beliebt und verbreiten sich nach und nach auch in Geschäften außerhalb der Militärstützpunkte, insbesondere in Yokosuka nahe dem dortigen US-Navy-Stützpunkt“, erklärte Marx. „Die Soldaten … nahmen ihren Fronturlaub in Japan. Es ist also wahrscheinlich, dass japanische Hersteller neue Version für sie schufen.“

Schließlich kamen auch die ortsansässigen Japaner auf den Geschmack und trugen die Jacken gleichermaßen als modisches wie politisches Statement. In den späten 1940er Jahren ließen sich schließlich die Jugendlichen vom amerikanischen Stil inspirieren. Wer nahe Yokosuka lebte, trug die Sukajan mit – wie der japanische Illustrator Yasuhiko Kobayashi es beschreibt – „kolonialem Chic“. Gegen Ende der 60er Jahre, erzählt Marx, formten die Jacken bereits einen wesentlichen Bestandteil der Subkultur der „jungen Punks“, einem Ableger der „Yankii“ (Transkription von „Yankee“).

Wie so viele der heutigen Basics unserer Garderobe, die ihren Ursprung im Militär haben, erlangten die Souvenirjacken Beliebtheit, als sie zuerst außerhalb des Waffendienstes getragen wurden. Seitdem treten sie immer wieder als Modeerscheinung hervor. Dies ist zu einem großen Teil der Musikbranche zu verdanken: Die Beatles gedachten ihrer Großbritannien-Tour von 1964 mit schwarzen Satinjacken, deren Rücken eine weiße Stickerei zierte. Nur kurz darauf wurde Rolling-Stones-Frontmann Mick Jagger in einer Sukajan fotografiert und im Jahre 1982 verkaufte die Band bereits eigene Souvenirjacken aus Satin. Heutzutage gibt es kaum einen tourenden Musiker bzw. Band, die nicht etwas Ähnliches angeboten hätte, von Mötley Crüe und Michael Jackson in den 80ern bis zu Justin Bieber und Beyoncé in der heutigen Zeit.
Rin Tanaka, ein in Kalifornien ansässiger japanischer Modeschriftsteller und Fotograf, wuchs in Yokohama auf – nicht weit entfernt vom Sukajan-Zentrum Yokosuka. Er erinnert sich, die Jacken in den 1980ern im Alter von 10 Jahren bemerkt zu haben. Jahre später recherchierte er die Jacken als Teil seiner Modebuchserie „My Freedamn!“. Eines der Motive, das ihm wiederholt begegnete, waren Totenköpfe. „Das sind Super-Sammelstücke“, erklärt er – und das ist keine Untertreibung.
Christian Chensvold ist ein in New York lebender Schriftsteller und Gründer von Ivy-Style.com. Seit 12 Jahren schreibt er für RL Mag.
  • Mit Freundlicher Genehmigung Der Ralph Lauren Corporation
  • Mit Freundlicher Genehmigung Von Jet Pilot Overseas
  • Foto Von Bob Collins; Mit Freundlicher Genehmigung Des Estate Of Bob Collins/Museum Of London