RL – Fragen und Antworten: Nathaniel Asseraf von Broadway & Sons

Zwei Vintage-begeisterte Brüder im schwedischen Göteborg lassen ihren Stil in den Americana-Look einfließen – und in unsere Polo-Kollektion Fit in den Frühling

Beim Eintreten begrüßen die Besucher unzählige Kleiderstangen mit herrlich eingetragenen Jacken im Westernstil und sonnengebleichtem Denim. Bis unter die Decke stapeln sich klassische Chinos und T-Shirts im Military-Look, College-Cardigans aus Neuengland und grobmaschige College-Pullover. Eine historische kalifornische Flagge hängt an der Wand und in der Ecke thront ein alter Coca-Cola-Automat. Wer bei Broadway & Sons, einem in Herrenmodekreisen wohlbekannten Vintage-Store, landet, könnte meinen, er sei irgendwo im ländlichen Amerika. Tatsächlich befindet sich das Unternehmen gut 8.000 Kilometer entfernt, im schwedischen Göteborg.

Der familiengeführte Store besteht bereits seit 1982, als David Asseraf begann, Vintage-Denim, Surplus- und Military-Designs aus Schweden, den USA und anderen Ländern zu sammeln und zu verkaufen und schließlich ein Ladengeschäft eröffnete. Gleichzeitig schickte er Paket um Paket zu seinem Bruder in Paris, der die Kleider auf den lokalen Flohmärkten verkaufte.

In den folgenden Jahrzehnten wuchs das Unternehmen – und auch Asserafs Familie. Heute wird der Store von der nächsten Generation geführt und gemanagt: Davids Sohn Nathaniel, der – nach einem kurzen Gastspiel bei Ralph Laurens Flagship-Store auf dem Pariser Boulevard Saint-Germain – den Store in Göteborg übernommen und sich einen Namen als Influencer für Herrenmode gemacht hat. (Sie erinnern sich vielleicht an seine Streetstyle-Aufnahmen, seine Looks auf den Seiten von The Rake, oder sein äußerst stylishes Instagram-Konto.)

Nathaniel und sein Bruder Noam sammeln und kuratieren die Kleidung von Broadway & Sons nicht nur – sie agieren auch als Models und kombinieren Vintage-Stücke geschickt mit modernem Styling für die Onlinepräsenz des Stores. So war es nur natürlich, dass sich Polo für die Kollektion Fit in den Frühling, die sich durch Vintage-College-Looks sowie Military- und Surplus-Designs aus dem Ralph-Lauren-Archiv auszeichnet, mit Broadway & Sons zusammentat.

Das Duo hat die Kollektion in Göteborg gänzlich selbst gestylt und fotografiert, und vereint so die besondere Ästhetik von Broadway & Sons mit den traditionellen Polo-Designs. Im Folgenden sprach Nathaniel Asseraf mit uns über die Geschichte seiner Familie, seine Zeit bei Ralph Lauren und seinen einzigartigen persönlichen Stil.

Sie sind mit Broadway & Sons aufgewachsen, haben aber auch einige Zeit bei Ralph Lauren gearbeitet, bevor Sie das Familienunternehmen übernahmen. Wie war das?

Ich bin mit dem Store groß geworden und das war wunderbar. Aber wenn man jung ist, will man nicht sofort in die Fußstapfen der Familie treten. Ich wollte meine eigenen Erfahrungen machen.

Also beschloss ich, nach Paris zu ziehen. Ich hatte dort Familie und sprach Französisch und dachte: „Warum nicht? Lass es uns versuchen.“ Aber dann kam ich dort an und dachte: „Ok… was nun?“ Ich liebte Vintage-Kleidung, hatte aber kein Geld, um meinen eigenen Laden zu eröffnen. Ich musste mir also einen Job suchen. Ich bewarb mich im Ralph-Lauren-Store und schließlich wurde mir auch eine Stelle angeboten. Und ich sagte: „Natürlich nehme ich die an. Es ist Ralph Lauren.“

Ich blieb für zwei Jahre dort. Aber während dieser Zeit wuchs das Unternehmen hier in Schweden und nahm weltweit immer mehr Fahrt auf. Wir brauchten jemanden, der sich um die Geschäfte kümmert. Und ich fand, dass niemand den Job besser machen könnte als jemand, der mit Broadway & Sons groß geworden ist.

Sie haben also bei Ralph Lauren gearbeitet und nebenbei Vintage-Kleidung gesammelt. Wie hat sich diese Zeit auf Ihren persönlichen Stil ausgewirkt?

Solange ich denken kann, war mir Ralph Lauren eine große Inspiration. Nicht nur was die Herstellung von Kleidung angeht, sondern die gesamte Vision dessen, was ein Outfit ausmacht. Meine Eltern kauften Polo-Kleidung für mich, als ich drei, vier Jahre alt war – T-Shirts von Polo Sport und dergleichen – und die Verbindung zwischen Broadway & Sons und Ralph Lauren fühlte sich immer perfekt an.

Mir fiel auch auf, dass Ralphs Laurens Kollektionen viele vom Militär inspirierte Modelle enthielten, die ich aus dem Store wiedererkannte. Dass das eine oder andere Design beispielsweise von einer bestimmten Jacke der britischen Armee aus dem Zweiten Weltkrieg abgeleitet war. Für mich stand das daher nie zur Debatte – es war ganz natürlich, Vintage-Outfits mit Modellen von Ralph Lauren zu kombinieren. Ich würde etwa durchaus einem Blazer von Ralph Lauren zusammen mit einer alten olivgrünen Armeehose tragen.

Und nun, mit der Kollektion Fit in den Frühling, kehren Sie zurück zu Polo. Sie und Ihr Bruder haben die Kollektion selbst gestylt, gemodelt und fotografiert – können wir mehr über Ihren Prozess und Ihre Herangehensweise erfahren?

Ich erinnere mich, dass ich darum bat, alles in einer größeren Größe zu bekommen. Ich liebe es, Oberteile in Übergröße zu tragen, vor allem Oxfordhemden mit einem T-Shirt darunter. Und im Classic-Fit in einer Nummer größer lassen die Hemden von Ralph Lauren das Flair der 80er- und 90er-Jahre wiederaufleben. Das war teils genau der Look, den wir anstrebten – Ralph Lauren der 80er und 90er, neu interpretiert.

Einige der Fotos nahmen wir in unserem Studio im ersten Stock unseres Ladengeschäfts auf, wobei eine Leinenplane aus den 1930er-Jahren zum Einsatz kam, die einst der schwedischen Armee als eine Art Zeltdach diente. Die restlichen Aufnahmen entstanden vor unserem Lager, wo sich auch unsere Garage mit einigen Oldtimern und Motorrädern aus unserer Sammlung befindet.


Da wir gerade vom Store sprechen – was genau bieten Sie bei Broadway & Sons an? Konzentrieren Sie sich auf eine bestimmte Nische oder ist das Sortiment eher allumfassend?

Ich denke, genau wie Ralph Lauren bewegen wir uns gerne in vielen unterschiedlichen Welten, folgen aber zugleich auch aktuellen Interessen. Zwar wird unser Sortiment immer Military- und Surplus-Looks umfassen, doch sollten wir merken, dass es ein steigendes Interesse an Workwear gibt, werden wir uns möglicherweise eine Weile lang darauf fokussieren, die weltweit beste Workwear aufzuspüren. Und wenn die Nachfrage an Military-Looks steigt, werden wir alles in unserer Macht stehende tun, um die besten Military-Vintage-Modelle zu finden.

Alles, was Vintage, Americana und von guter Qualität ist, passt zu unserem Stil. Wenn ich hochwertige Vintage-Jacketts finde, werde ich keine Minute zögern, sie für den Store zu kaufen. Ich möchte einfach, dass Broadway & Sons ein Mix aus dem Besten von allem ist und dass die Leute ihren Stil hier erweitern können.

Mein Bruder beendet gerade sein letztes Jahr an der Highschool und hilft wann immer er kann bei Broadway & Sons aus. Er ist ein ausgesprochen freundlicher Mensch und kümmert sich sehr gut um die Kunden. Meine Aufgabe besteht hauptsächlich darin, den Warenfluss der online gelisteten Produkte aufrechtzuerhalten. Normalerweise bin ich zu dieser Zeit des Jahres allein oder mit meinem Vater auf Geschäftsreise, um Vintage-Ware einzukaufen. Gute Vintage-Modelle zu finden ist heutzutage ausgesprochen schwierig, da die Menschen in den letzten 20 Jahren hauptsächlich schnelllebige Mode und Kleidung von minderwertiger Qualität gekauft haben.

Ralph Lauren ist meiner Meinung nach wahrscheinlich die einzige moderne Marke, die in jedem Vintage-Store eine gute Figur macht. Inzwischen ist die Marke auf dem Vintage-Markt auch heiß begehrt. Wir haben im Store zahlreiche Hemden von Ralph Lauren aus den 70er- und 80er-Jahren verkauft. Wir haben originale Western-Jeanshemden von Polo verkauft. Da die Qualität über all die Jahre hinweg hervorragend geblieben ist, überrascht es nicht, dass die Designs begehrt sind.

Was fasziniert Sie an Vintage, abgesehen von Ihrer Familiengeschichte?

Ich hatte schon immer eine Leidenschaft für Dinge, die alt sind. Ich liebe es, alte Filme anzuschauen und dabei die alten Kleider zu bewundern. Ich sehe mir alte Bilder an, alte Autos, alte Uhren. Und vor einigen Jahren begann ich, mir selbst eine Kollektion solcher Dinge aufzubauen. Ich kaufte mehrere Oldtimer, einige Uhren. Und all das geht Hand in Hand mit meiner Sammlung von Vintage-Kleidung.

Apropos Oldtimer… Erzählen Sie mir von dem Jeep auf den Fotos vom „Fit in den Frühling“-Shooting.

Mein erster Oldtimer war ein 1962er Renault Floride Cabrio, den ich in Schweden gekauft habe. Ein paar Jahre später wollte ich unbedingt einen Jeep, hatte aber nicht das Geld dafür. Glücklicherweise konnte ich den Renault für das Dreifache des Kaufpreises veräußern und mit diesem Geld machte ich mich auf die Suche nach einem Jeep aus dem Zweiten Weltkrieg.

In Schweden kann man sie nicht finden. Doch eines Herbsts war ich auf einer Geschäftsreise in Südfrankreich unterwegs. Ich fing an, mich auf der französischen Version von Craigslist umzusehen und fand einen, der nur 15 Kilometer von mir entfernt war. Es war einfach unglaublich. Der Jeep kam 1944 aus der Normandie und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Amerikaner das Land verließen, vom französischen Militär genutzt.

Der Typ, von dem ich ihn gekauft habe, war so fanatisch darauf bedacht, ihn in gutem Zustand zu halten, dass seine Frau ihm schließlich sagte: „Entweder ich oder das Auto.“ Ich nahm es ihm gerne ab.

Zurück zur Kleidung – was war das erste Kleidungsstück, an dessen Kauf Sie sich erinnern können?

Der Großteil meiner Kleidung während ich aufwuchs, stammte aus unserem Store. Daher habe ich eigentlich nie wirklich Kleidung gekauft. Aber ich erinnere mich an eine Reise nach Paris vor vielen Jahren und dort besuchte ich einen Flohmarkt. An einem der Stände entdeckte ich eine große Kiste mit abgeschnittenen Levi's und fand ein Paar, das mir irgendwie besonders vorkam. Ich dachte mir, sie würden sicher meiner Freundin passen, also kaufte ich sie für 10 €.

Später, als ich mich etwas besser mit Vintage-Denim auskannte, bemerkte ich, dass es sich dabei um Levi's aus der Zeit vor 1964 handelte, mit einer seltenen, traditionellen Verstärkung mit V-Naht am verdeckten Reißverschluss. Das war das erste Kleidungsstück, an dessen Kauf ich mich erinnere, und das sich als ziemlich besonders und wertvoll herausstellte.

Heute trage ich fast ausschließlich Vintage. Und wann immer ich reise, achte ich darauf, die besten Vintage-Läden und Flohmärkte aufzusuchen.


Gibt es Stücke, die Ihnen entgangen sind und die Sie bedauern, nicht gekauft zu haben?

Nein. Wenn ich etwas sehe, das mir gefällt, es passt und der Preis fair ist, kaufe ich es. Allerdings gibt es Dinge, deren Verkauf ich bereue… aber das ist eine andere Geschichte.

Andrew Craig ist Redakteur für Herrenmode bei Ralph Lauren.
  • © Ralph Lauren Corporation
  • mit freundlicher Genehmigung von Nathaniel Asseraf