Der Reiz eines Smokings

Festliche Abendgarderobe für Herren muss nicht uniform aussehen, meint der Autor und Herrenmodeexperte David Coggins. Betrachten Sie sie stattdessen als eine Möglichkeit, bei der ein Mann ein Modestatement setzen und seinen eigenen Stil zur Schau stellen kann

Festliche Abendgarderobe für Herren besteht in der Regel aus bewährter, relativ uniformer Kleidung. Sie schmeichelt einem Mann, selbst wenn es ihm selbst nicht bewusst ist. Sie ist so klassisch wie Gin, Wermut und eine Zitronenscheibe. Ein Mann im Smoking ist auf dem Weg zu einem außerordentlich wichtigen Ereignis. Vielleicht hat er eine Oper zu dirigieren oder einen Oscar in Empfang zu nehmen, oder er ist einfach auf dem Weg zu einem Bakkarat-Spiel?

Allzuoft wird es Männern unwohl, wenn sie die Worte „Festliche Abendgarderobe“ auf einer Einladung lesen – fast so, als hätte sich die nächste Revision angekündigt. Liegt es daran, dass sich Männer mit Grauen an die schrecklichen, ausgeliehenen Smokings für ihre Abschlussbälle erinnern? Das ist zwar verständlich, aber kurzsichtig.

Ein gut geschnittener Smoking sieht gleichermaßen gut aus, wenn er von Traditionalisten wie Fred Astaire getragen wird, wie auch von Modepionieren wie Ralph Lauren (über ihn sprechen wir noch). Ich selbst halte mich für einen Klassiker und befolge die einfache Regel: steigendes Revers, einreihig. Das Konzept ist einfach unantastbar, aber natürlich nicht das einzige. Vor einigen Jahren habe ich mich mal im Flagship-Store von Ralph Lauren auf der Madison Avenue umgesehen und herrliche Smokings entdeckt, die ein bisschen anders aussahen. Bei der näheren Betrachtung fiel mir auf, dass ich auf etwas für mich Unvorstellbares schaute: Sie waren braun. Braun? Ja! In Kombination mit einem cremefarbenen Hemd und einer braunen Krawatte sahen sie einfach umwerfend aus. Ich hatte keine Ahnung, dass so etwas möglich war. Es schien so gewagt und zugleich klassisch zu sein – wie die meisten wirklich guten Ideen. Hier zeigte sich Vorstellungskraft und eine neue Art von Kleidung. Man lernt alle möglichen Regeln kennen und befolgt sie. Aber eines Tages möchte man sie brechen und einfach nur sehen, was dann passiert. Für mich fühlte sich das an, wie ein Fest, wie Champagner trinken, wie an der Seine spazieren gehen.

Natürlich funktioniert ein brauner Smoking nur an einem besonders selbstbewussten Mann. Wenn Sie sich das noch nicht ganz zutrauen, variieren Sie Ihre Abendgarderobe doch mal mit einem Samtjackett. Burgunder. Smaragdgrün. Navy. Das sind wunderbare Farbtöne, die großen Männern wie Winston Churchill und Oscar Wilde gerecht werden. Und sie werden auch Ihnen gerecht. Wenn Sie Ihr Samtjackett dreimal getragen haben und es noch immer nicht mögen, gebe ich Ihnen einen Drink aus (Sie müssen allerdings das Samtjackett zu unserem Treffen tragen).

Ralph Lauren in seinem charakteristischen Jeans-und-Smokingjackett-Look bei der Modenschau zu seinem 50. Jubiläum im Central Park
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Elegante Looks aus der Weihnachtskampagne 2018 von Polo Ralph Lauren
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Wenn Sie Samtslipper besitzen, die Sie schon lange einmal zur Schau stellen wollten, ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt dafür. Und wenn Sie sich schon immer ein Paar zulegen wollten, dann ist auch dafür jetzt der richtige Zeitpunkt. Nun ist es auch an der Zeit zu lernen, wie man eine Fliege bindet. Und wenn Sie schon immer einmal eine schwarze Samtfliege tragen wollten, dann sollten Sie das jetzt tun. Sie müssen heutzutage auch keinen Kummerbund mehr tragen, und wenn Sie es dennoch tun, dann bitte nicht in Rot. Enthält Ihre Abendgarderobe zu viele rote Akzente, verwechselt man Sie möglicherweise mit der Weihnachtsdekoration.

Sie können jede Menge Abendmoderegeln brechen, aber tragen Sie niemals einen alten schwarzen Anzug als „Smoking“. Wenn Sie Ihren Smoking neu interpretieren, dann seien Sie dabei nicht zaghaft.

Einige Smoking-Fehler sind persönlicher Natur. Ich muss zugeben, dass ich zum Schulabschlussball mal ein Smokingjackett und Jeans getragen habe – ein lobenswerter Versuch, dem ich aber nicht gerecht werden konnte. Wissen Sie, wer ein Smokingjackett und Jeans tragen kann? Ralph Lauren. Er sieht dabei festlich, elegant und – was besonders wichtig ist – wie er selbst aus.

Das ist ein wichtiger Teil der Faszination von Smokings. Sie sind ein einengendes Element, das zu Variationen einlädt – wie ein Haiku-Gedicht. Letztendlich sehen darin eben doch nicht alle Männer gleich aus. Ganz im Gegenteil – sie helfen uns, unsere Persönlichkeit besser zum Ausdruck zu bringen. Wenn Sie mehr über einen Mann erfahren wollen, dann schauen Sie sich ihn im Smoking an.

DAVID COGGINS schreibt regelmäßig für RL Mag und ist der Autor von Men and Style sowie von Men and Manners.