Kunstwerke auf Rädern

Eine neue Klasse von Motorradmechanikern definiert das Handwerk der Vintage-Restauration neu, indem sie die Vergangenheit nicht nachbildet, sondern verbessert – mit kunstvollen und subtilen Umgestaltungen klassischer BMWs, Moto Guzzis und anderer Vintage-Maschinen
Die alte BMW R100, Baujahr 1983 lief eigentlich ganz gut. Nur leider sah sie ziemlich altmodisch aus – ein häufiges Problem bei den übertrieben designten Motorrädern der 1980er-Jahre – wie ein vergilbtes Foto mit Polyesterhemden und Zottelteppich. Der Originallack und die Plastikteile mussten natürlich weg, genauso wie die restliche Sammlung aus 30 Jahren kurzlebiger Trends und Verrücktheiten sowie technologischer Anachronismen. Aber wenn es fertig restauriert ist, ist es ein wunderschönes Beispiel für Designminimalismus auf zwei Rädern – lackiert in Blau, mit maßgefertigtem Leder und gebürstetem Stahl: kurz gesagt, ein perfektes Beispiel des neuen „Classic Custom“-Trends, den Hugo Eccles begründet hat.
                            Hugo Eccles von Untitled Motorcycles
Hugo Eccles von Untitled Motorcycles
Eccles, Industriedesigner von Beruf, war früher für den legendären Produktdesigner Sir Terence Conran tätig, und ist nun Teilhaber und Geschäftsführer der Außenstelle von Untitled Motorcycles in San Francisco, einem Unternehmen, das sich darauf spezialisiert hat, alte Motorräder für eine neue Generation von Vintage-Liebhabern individuell umzugestalten. Aber im Gegensatz zu mit Feuerflammen verzierten Choppern sind die von Untitled restaurierten Motorräder viel näher an die ursprüngliche Ästhetik der Zweiräder angelehnt. „Es ist, als kämen sie in einem leicht alternativen Universum aus der Fabrik, wo den Modellen viel mehr Zeit und Aufmerksamkeit gewidmet wurde“, erklärt Eccles. Und auch wenn die Motorräder technisch gesehen „Vintage“ sind, können sie kaum als „Restaurierungen“ durchgehen.

Während bei der traditionellen Restauration die präzise Wiederherstellung der Originalversion des Herstellers – bis hin zu den kleinsten Vergaserdüsen – im Mittelpunkt steht, haben die Restauratoren der Custom-Motorräder viel kreativen Spielraum. Untitled und ähnliche Firmen kümmern sich sogar um Zweiräder, die von Vintage-Puristen normalerweise ignoriert werden, wie BMWs, Hondas und Moto Guzzies der 1970er- und 80er-Jahre, und verwandeln sie in Kunstwerke auf Rädern, die die Vergangenheit wieder aufleben lassen, ohne sie nachzubilden.
Es geht nicht nur darum, schnell irgendwo anzukommen, sondern darum, mit Stil anzukommen.

Jede Kreation ist mit handgefertigten Details wie speziell gefertigten Sitzbänken, Batteriegehäusen und Fahrgestellen versehen. Oder, wie im Fall der UMC-021 (der in einen minimalistischen Café Racer umgebauten 83er BMW R100, und Eccles erstem Ausflug in die Welt der Custom-Vintage-Maschinen) mit speziell gefertigten Lederhandgriffen, einem kleineren Schweinwerfer und Schalldämpfer, und einem in Kobaltblau umlackierten Tank mit einem Streifen unlackierten Stahls an der Unterseite, um den luftgekühlten Zweizylinder-Boxermotor hervorzuheben. Und natürlich wurde das Original-BMW-Logo entfernt, ein Schritt, der die Haltung von Untitled in Bezug auf Marken und Zurschaustellung verdeutlicht.

Was macht ein Motorrad zu einem Kandidaten für eine Custom-Restaurierung? „Es hilft, wenn es einen schönen Motor hat“, meint Eccles. „Darunter verbirgt sich dann oft ein wirklich schönes Gerippe“, ergänzt er. „Wir erfinden sie einfach neu und hauchen ihnen neues Leben ein.“

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Das UMC-021, das sein Leben 1983 als BMW R100 begann. Für eine Diashow mit Detailansichten hier klicken.
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Die Club Black #1 von Wrenchmonkees, vorher eine Honda CB 750 K

Natürlich wäre ein Großteil dieser Ästhetik nicht möglich, oder zumindest nicht legal, ohne einen Hauch moderner Technologie. Als Travis Cripps, ein Entwickler bei Apple in Palo Alto, Kalifornien, Eccles damit beauftragte, seine BMW R100 (das Motorrad, das später die UMC-029 werden sollte) umzubauen, wollte er ein Motorrad, das ihn visuell in die Café-Racer-Ära der 1960er-Jahre zurückversetzen würde und zugleich sicher, zuverlässig und relativ einfach zu fahren wäre. Um dieses Gleichgewicht zu erreichen, veränderte Eccles die Vintage-Technik mit kompakten Upgrades wie einem Motogadget-GPS-Geschwindigkeitsanzeiger, einer Gel-Batterie, einem modernen Bremsflüssigkeitsbehälter und LED-Anzeigen. Diese Dinge mögen für die Ohren eines Vintage-Puristen wie Blasphemie klingen, aber für die Liebhaber der Custom-Szene sind sie willkommene Verbesserungen, besonders in Kombination mit der kunstvollen Ästhetik von Untitled.

„Der heutige Vintage-Begriff ist viel weiter gefasst und konzentriert sich mehr denn je auf die Ästhetik“ fügt Hunter hinzu. Und egal, ob ein Vintage-Motorrad minutiös restauriert oder modifiziert wurde, was gleich bleibt, ist die Liebe zur mechanischen Schönheit und die Abneigung gegen alles Belanglose. Moderne Motorräder können dermaßen mit moderner Technologie ausgestattet sein, dass solch praktische Dinge wie Motor- oder Batteriegehäuse und Ölpumpen völlig außer Acht gelassen werden. Bei Vintage-Motorrädern jedoch ist die Funktionalität genauso wichtig wie die Form. Als sie gebaut wurden, konnten die funktionalen Komponenten unmöglich versteckt werden. Also bestand die Lösung darin, sie zu verschönern. Das Ziel der klassischen Custom-Bewegung ist, diesen Geist wieder einzufangen. Wie Eccles sagt: „Es geht nicht nur darum, schnell irgendwo anzukommen, sondern darum, mit Stil anzukommen.“

Scott Christian ist Journalist im Bereich Kultur und Lifestyle, dessen Arbeiten bereits in Magazinen wie Esquire, The Guardian, GQ und Glamour veröffentlicht wurden. Er lebt momentan in New York City.

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