Kaffee für Connaisseurs

Ralph Laurens erster Coffee-Shop ist womöglich nicht nur das bisher spannendste Projekt des Designers, sondern auch ein Zeugnis des guten Geschmacks

Ralph's Coffee befindet sich in einer Ecke auf der zweiten Etage des neuen Polo Ralph Lauren Flagship-Stores in Manhattan und besticht durch sein visuell ansprechendes Design. Von dem gemütlichen, lichtdurchfluteten Coffee-Shop mit weißem Marmorfußboden und einer hohen Eichenholzdecke hat man auf der einen Seite einen herrlichen Ausblick auf New Yorks berühmte Fifth Avenue und auf der anderen Seite auf die 55. Straße. Tische mit Platten aus cremeweißem Carrara-Marmor, Stühle von Pariser Flohmärkten und die lange weiße Holzbank bieten Platz für 22 Gäste. Hinter der Theke sind die Baristas in ihren gestreiften Hemden und grünen Strickkrawatten tatkräftig am Werk. Das Gesamtbild ist eine Mischung aus amerikanischem Bootshaus und einem Bistro in Paris – typisch Ralph Lauren eben. Bei der Entwicklung des Konzepts wollte der Designer die New Yorker Coffee-Shops seiner Jugend wieder aufleben lassen. Es ist nicht überraschend, dass in das Dekor auch einige andere seiner Lifestyle-Inspirationen mit eingeflossen sind.

Was allerdings wahrscheinlich sowohl eingefleischte Fans als auch Skeptiker überraschen wird, ist der Kaffee: Er ist nämlich wirklich gut. Man könnte meinen, dass der Kaffee in einem Lokal wie Ralph's Coffee womöglich eher Nebensache sei. Ralph Lauren war es jedoch wichtig, dass der Kaffee einen bleibenden Eindruck hinterlässt, und so schloss er sich mit einem der weltweit größten Kaffeeexperten zusammen.

La Colombe Torrefaction ist eine in Philadelphia ansässige Kaffeerösterei, die ihre Bohnen nicht nur auf möglichst ethische und nachhaltige Weise einkauft, sondern auch für die hervorragende Qualität ihrer Erzeugnisse bekannt ist. Es gibt unzählige minutiöse Faktoren, die sich auf das Kaliber einer Tasse Kaffee auswirken, darunter die Wasserzusammensetzung und -qualität, die Brühzeit und -temperatur sowie die gleichmäßige Mahlung der Bohnen. Damit die Baristas die nötige Präzision haben, um die perfekte Tasse Kaffee zu kredenzen, hat La Colombe die absolut besten Maschinen für Ralph's Coffee ausgewählt. Das Café wurde mit einer italienischen perlweißen La Marzocco FB/80 – der Ferrari unter den Espressomaschinen – und drei Kaffeemühlen ausgestattet (zwei von Mazzer und eine von Mahlkönig), die eine gleichmäßige Mahlung erzeugen, ohne dass die Qualität des Kaffees durch die Hitze der einzelnen Maschinen beeinträchtigt wird. La Colombe wurde zudem mit der Ausbildung der Baristas von Ralph's Coffee beauftragt: Sie durchliefen das gleiche rigorose Schulungsprogramm, das auch in den eigenen Cafés des Unternehmens an der Tagesordnung ist.
                            Weißer Marmor, dunkle Eiche und gestrichene Backsteinwände verleihen dem informellen Café eine gewisse Erhabenheit – für das Dekor ließ sich Mr. Lauren von den New Yorker Coffee-Shops seiner Jugend inspirieren
Weißer Marmor, dunkle Eiche und gestrichene Backsteinwände verleihen dem informellen Café eine gewisse Erhabenheit – für das Dekor ließ sich Mr. Lauren von den New Yorker Coffee-Shops seiner Jugend inspirieren
                            Die Kaffee- und Espressomischungen sowie eine Reihe von Markenzubehör gibt es auch zu kaufen, sodass sich Besucher ein Stück von Ralph's Coffee mit nach Hause nehmen können
Die Kaffee- und Espressomischungen sowie eine Reihe von Markenzubehör gibt es auch zu kaufen, sodass sich Besucher ein Stück von Ralph's Coffee mit nach Hause nehmen können
Die Fertigung der speziellen Kaffee- und Espressomischungen, die exklusiv bei Ralph's Coffee aufgebrüht und verkauft werden, war jedoch bei weitem der arbeitsintensivste Prozess. Bei der Entwicklung der einzigartigen Produktlinie arbeitete La Colombe eng mit Mr. Lauren zusammen. Dabei ging es selbstverständlich um weit mehr als etwa die Wahl zwischen einer hellen Röstung und einer starken Röstung. La Colombe hatte bereits mit einigen großen Namen aus der Gastronomie (darunter Mario Batali, Alain Ducasse und Jean-Georges Vongerichten) zusammengearbeitet, um Kaffee-Produktlinien zu entwickeln, und die Zusammenarbeit mit Ralph Lauren erfolgte nach dem gleichen Prinzip. „Es ist ja nicht so, als würde man einfach in den Supermarkt gehen und irgendwas vom Kaffeeregal nehmen", erklärt Nicolas O’Connell, der New Yorker Geschäftspartner von La Colombe. „Unsere Kaffeemischungen sollten wie ein zeitloses Kleidungsstück sein und 2014 genauso viel Anklang finden wie auch in zehn Jahren noch – wir wollten sozusagen den dunkelblauen Blazer des Kaffees kreieren“.
Unsere Kaffeemischungen sollten wie ein zeitloses Kleidungsstück sein und 2014 genauso viel Anklang finden wie auch in zehn Jahren noch – wir wollten sozusagen den dunkelblauen Blazer des Kaffees kreieren“, so O’Connell.
Nach monatelanger Entwicklungszeit fand sich Ralph Lauren zur ersten Blindverkostung im Café von La Colombe im Stadtteil NoHo ein. Nach mehreren weiteren Degustationen standen schließlich sechs Kandidaten in der engeren Auswahl: vier Mischungen für Filterkaffee und zwei für Espresso. Im Bereich Filterkaffee war eine Mischung aus afrikanischen sowie mittel- und südamerikanischen Kaffeebohnen, die sich durch eine helle Röstung, kräftige Säure sowie ein leichtes Beerenaroma auszeichnete, schnell aus dem Rennen, da sie für den Geschmack des Designers einfach nicht intensiv genug war. Als nächstes stand ein Kaffee mit mittelheller Röstung aus Haiti zur Auswahl, doch ihm fehlte die Vollmundigkeit, die Ralph Lauren bei Filterkaffee wichtig ist.
                            Eine willkommene Ruhepause für Shopper: In dem schlicht gestalteten Café erscheint das hektische Treiben auf der Fifth Avenue, auf die man durch die Fenster herabblickt, weit entfernt
Eine willkommene Ruhepause für Shopper: In dem schlicht gestalteten Café erscheint das hektische Treiben auf der Fifth Avenue, auf die man durch die Fenster herabblickt, weit entfernt
Die Entscheidung zwischen der dritten und vierten Kaffeemischung – eine mittlere sowie eine mittelstarke Röstung – war gar nicht so einfach. Beide hatten ein angenehmes, volles Aroma, allerdings erschien der vierte zu robust für einen Alltagskaffee. Mit Nuancen von dunklen Früchten und Karamell und seiner ausgezeichneten Trinkbarkeit setzte sich letztendlich der dritte Kaffee durch. Die wohlschmeckende Mischung stammt von Kaffeeplantagen in Honduras, Peru und Nicaragua, die das Bio-Siegel USDA Organic tragen. Beim Espresso fiel Mr. Laurens Wahl auf eine cremige, fruchtige Mischung aus Kaffeebohnen, die auf Bio-Plantagen in Mittel- und Südamerika sowie Äthiopien angebaut werden.

Die einzelnen Mischungen werden sich in regelmäßigen Zeitabständen ändern, denn wie jedes andere Agrarerzeugnis auch ist Kaffee saisonal und von den Launen der Natur abhängig. Was jedoch unverändert bleibt, ist die Quintessenz der Kaffees – genau wie die Quintessenz des Polo-Stils.
Amiel Stanek ist der Assistent des Chefredakteurs von Bon Appétit. Er lebt in Brooklyn.
  • ALLE FOTOS MIT FREUNDLICHER GENEHMIGUNG DER RALPH LAUREN CORPORATION