Wunderbares Nicaragua

Es gab nie eine bessere Zeit, um das Land der Seen und Vulkane (und historischen Städte und unberührten Strände ...) ZU ENTDECKEN

Es gibt drei Wahrheiten, die man berücksichtigen sollte, wenn man ein Land zum ersten Mal bereist: Wenn Ihr Reiseführer ein ehemaliger Dokumentarfilmer ist, sind Ihnen atemberaubende Eindrücke gewiss. Wenn es guten Kaffee gibt (und ja, vielleicht auch ein bisschen Rum), kann eigentlich nichts schiefgehen. Es zahlt sich aus, ein Land im richtigen Moment zu besuchen. Alle drei Punkte treffen auf Nicaragua zu.

Vielleicht wurde Nicaragua aufgrund der wachsenden Beliebtheit Costa Ricas zunächst übersehen und hatte somit genug Zeit, sich im eigenen Tempo zu entwickeln, sodass jetzt der richtige Zeitpunkt sein könnte, das Land auf authentische Weise zu erleben. Und meiner Meinung nach ist es sinnvoll, Dominic Allan hinzuzuziehen, Gründer des Unternehmens für Spezialreisen Real Latin America und einst für den British Academy Film Award (BAFTA) nominierter Regisseur.

Nach meiner Landung in Managua verbrachte ich eine Nacht im Hotel Contempo, einer eleganten Unterkunft mit üppigen Gärten, die sich durch das ganze Anwesen ziehen. Allans Reiseplan umfasste alles, was Nicaragua zu bieten hat, von spannungsgeladener Action bis hin zu wunderbar entspannten Momenten – ein Angelausflug auf entlegenen Flüssen, eine Wanderung zum einsamen Strand einer abgelegenen Insel, eine Tour durch das historische Granada mit seinem Rum-getränkten Nachtleben, ein nachmittägliches Bad in einem erloschenen Vulkankrater und Zeit für Erholung und Entspannung in einer wunderschön designten Ökolodge. Im Folgenden nur einige meiner zahlreichen Highlights.
                            Granadas Kathedrale Nuestra Señora de la Asunción
Granadas Kathedrale Nuestra Señora de la Asunción

Granada

Granada wurde 1524 gegründet und ist die älteste von Europäern gegründete Stadt auf dem amerikanischen Doppelkontinent. Das prä-kolumbianische Zentrum für Kultur, Handel und Politik wurde wiederholt von englischen, französischen und niederländischen Piraten ausgeplündert. In jüngerer Geschichte überstand es die Revolution der Sandinisten und den Contra-Krieg. Heute ist die Stadt Sinnbild für den nicaraguanischen Tourismus und verfügt über jede Menge Charakter – der perfekte Ausgangspunkt für Allans und meine Ausflüge.

Beim Spaziergang durch die engen Straßen der Stadt erkannte ich die Spuren der Vergangenheit – Toreingänge mit dahinter liegenden palastähnlichen Bauten im Kolonialstil und Innenhofgärten voller Paradiesvögel, Rebstöcke, Drillingsblumen, Gummi- und Drachenbäume.

Als ich den Glockenturm der 480 Jahre alten Iglesia La Merced hinaufstieg, erkannte ich die einzigartige Lage der Stadt: am Ufer des größten Süßwassersees Zentralamerikas gelegen mit dem aktiven Masaya-Vulkan im Norden, dem inaktiven Mombacho-Vulkan im Süden und noch weiter im Süden die beiden Vulkane der Insel Ometepe. Mark Twain, der 1866 hier weilte, schrieb: „Zwei zauberhafte Pyramiden, bekleidet in zartem und zugleich intensivem Grün, voller Schatten und Sonnenlicht, deren Gipfel die bauschigen Wolken durchbohren.“ Eine Aussicht so atemberaubend, dass sie sogar seinen sonst so scharfen Humor in Schach hielt.

Mit Ausnahme seiner betriebsamen Märkte entwickelt sich Granada in gemütlichem Tempo und besticht durch seinen modernen Komfort mit kolonialem Flair. Das Tribal Hotel, am Rand des Stadtzentrums ist mit seiner edlen Bohème-Atmosphäre perfekt für stilvolle Pausen zwischen den Exkursionen. Sein lässig luxuriöser Innenhof (mit tiefen Sofas bestückt) diente mir tagsüber als eine luftige Oase und als ein gemütliches Refugium bei Kerzenschein am Abend.

Nach einem Abend mit Nica Libres (ein Rum mit Cola, allerdings nicaraguanischer Flor de Caña Rum) verhalf ein Frühstück mit wunderbar frischen Früchten und einem unfassbar guten Kaffee meinem etwas angeschlagenen Zustand auf die Sprünge. Bevor wir in den Tag starteten, traf ich ein junges französisches Paar, das sich dieselbe Frage stellte wie ich: „Dieser Innenhof ist so wunderschön, warum müssen wir überhaupt gehen?“
                            <em>(im Uhrzeigersinn von links oben)</em>: Inaktive Vulkane &#xFC;ber den Ziegeld&#xE4;chern von Granada; der Innenhof von Granadas Tribal Hotel; Las Isletas im Nicaraguasee; ein Schild zu den Bungalows der Jicaro Island Ecolodge; eine schwimmende Plattform im Nicaraguasee; Swimmingpool der Jicaro Island Ecolodge
(im Uhrzeigersinn von links oben): Inaktive Vulkane über den Ziegeldächern von Granada; der Innenhof von Granadas Tribal Hotel; Las Isletas im Nicaraguasee; ein Schild zu den Bungalows der Jicaro Island Ecolodge; eine schwimmende Plattform im Nicaraguasee; Swimmingpool der Jicaro Island Ecolodge

Las Isletas

Eine 30-minütige Fahrt Richtung Süden brachte Allan und mich zum Ort unserer ersten Übernachtungsexkursion. Als der Mombacho-Vulkan vor tausenden von Jahren ausbrach, katapultierte die Explosion Basaltbrocken von der Größe kleiner Gebäude bis in den gegenüberliegenden Nicaraguasee. Einige Kilometer südlich von Granada bilden diese Brocken nun ein Archipel aus kleinen Inseln, Las Isletas genannt: reich an Vegetation und Vögeln, Zuhause für gerettete Affenarten und übersät mit kleinen Fischerdörfern und entlegenen Anwesen wohlhabender Nicaraguaner.

Las Isletas sind unter anderem das Zuhause der Jicaro Island Ecolodge, einer entlegenen Luxusunterkunft auf einer winzigen Insel umgeben von Bäumen. Jicaro steht für Nachhaltigkeit und möglichst geringe Auswirkungen auf die Umwelt, und hilft somit die umfassende Artenvielfalt der Insel zu bewahren.

Das gesamte Anwesen besteht aus ökologisch gewonnenen, nicaraguanischen Harthölzern in Lamellenkonstruktion, die für eine natürliche Kühlung und Belüftung sorgt. Dieser Effekt erzeugt eine bemerkenswerte Ruhe, unterstützt durch eine schwimmende Plattform für Yoga-Einheiten am Morgen, ein Bio-Restaurant und Kajaks zur Erkunden der umliegenden Inseln.

Ich erwachte durch das Geräusch der Wellen, die unter der Terrasse meines Bungalows an Land schlugen, und die sanfte Brise in den Mangrovenbäumen. Der Mombacho erhob sich in der Ferne, umgeben von den Morgenwolken. Ein Vireo mit brillanten grünen und gelben Federn landete auf dem Treppenabsatz neben mir und blickte in dieselbe Richtung. Er war vermutlich genauso überrascht wie ich: Wie konnte ein Moment von so verheerender Kraft einen so ruhigen Ort hervorbringen?

APOYO-KRATERSEE

Ein weiterer Tagesausflug mit dem Auto führte uns an den Apoyo-Kratersee. Der See mitten im Krater eines inaktiven Vulkans mit einem Durchmesser von ca. 5 Kilometern ist ein absoluter Instagram-Liebling. Er besticht durch sein tiefblaues, mineralstoffreiches Wasser, das durch thermische Luft erwärmt wird. Apoyo ist das Zuhause einer außerordentlichen Vielzahl von Pflanzen und Tieren und bietet die Möglichkeit zu einer Erkundungstour oder zum Entspannen.

Am nordwestlichen Ufer hieß uns Casa Marimba, eine farbenfrohe, von einem Franzosen betriebene Lodge für einen friedvollen Nachmittag zum baden und erholen willkommen. Das Restaurant serviert ständig wechselnde, lokale Biogerichte sowie köstliche Fruchtgetränke.

Bluefields

Ein kurzer Flug mit der nationalen Fluglinie brachte uns hinüber zur nicaraguanischen Karibikküste und zur kreolischen Stadt Bluefields abseits der ausgetretenen Touristenpfade. Allan und ich verbrachten den Tag mit angeln und erkundeten die unberührten Dschungelflüsse. Trotz anfänglich wenig beißfreudiger Fische bestand unser freundlicher und lustiger Guide Orlando darauf, dass wir weiter angelten.

„Das ist die beste Stelle“, sagte Orlando über eine bestimmte Biegung des Rio Yeladina, wo in der Tiefe die besten Fische lauerten. Die Geduld zahlte sich aus, als wir schließlich ein paar schimmernde, ca. 30 cm lange Barsche aus dem Wasser zogen, die uns später ein leckeres Mittagessen bescherten.

Das war genau einer der Momente, die ich mir erhofft hatte: eine außergewöhnliche Landschaft, saubere Luft, tolle Gesellschaft – eine sensorische Erfahrung mitten in unberührter Natur. Ein wenig Abenteuer und Entdeckergeist gepaart mit Entspannung und Besinnlichkeit.
                            Der Blick von den Suiten des Yemaya Hideaway &amp; Resort aufs Meer in der Abendd&#xE4;mmerung
Der Blick von den Suiten des Yemaya Hideaway & Resort aufs Meer in der Abenddämmerung

Little Corn Island

Die allmähliche Entwicklung Nicaraguas zu einer Reisedestination in der Karibik wird am Beispiel von Little Corn Island besonders deutlich – einem gut drei Kilometer langen smaragdgrünen Juwel vor der Ostküste, das wir nach einem kurzen Flug zur benachbarten Big Corn Island und einem lebhaften Inseltransfer in einem kleinen, offenen Boot erreichten. Alles war jedoch wieder gut, als wir das Yemaya Hideaway & Resorterreichten – 16 wunderbar ausgestattete Bungalows an einem idyllischen Strandabschnitt am nördlichen Ende der Insel, welches die Schönheit der Insel auf beeindruckende Weise wiedergibt.

Jeder einzelne Aspekt des Yemaya wurde von seinem geselligen Manager, der den hoteleigenen Garten mit Biofrüchten und -gemüse für das exzellente Restaurantangebot pflegt, federführend geplant. Der australische Küchenchef sammelte seine ersten Erfahrungen in Sterne-Restaurants in Paris, Rom und New York.

Das klare Wasser der umliegenden Riffe kann per Segelboot, Tauchboot, Paddelboot, Schnorchel oder Kajak erkundet werden und die kreuzenden Inselpfade enden nicht selten an atemberaubenden, abgelegenen Stränden. Hängematten soweit das Auge reicht.

Und die Nächte brachen mit angenehmer Lässigkeit herein. Alles veränderte sich ganz allmählich: die sanfte Brise aus dem Nordwesten kühlte sich langsam ab, die Wolken am Horizont nahmen eine zartrosa Farbe an, das Aquamarin des Ozeans ging über in ein Kobaltblau.

Als sich der schimmernde Nachmittag dem Ende neigte und der Tag in eine ruhige Dämmerung überging, setzte eine wunderbare Insel-Synästhesie ein: der Ausblick, der Duft und der Klang des Ozeans und die Inseln sorgten für ein einmaliges ruhiges Traumerlebnis. Meine Gedanken versammelten sich um ein einziges Thema: die Schönheit dieses exquisiten Orts einfach nur zu beobachten und aufzunehmen.
Andrew Bangs ist ein Schriftsteller und Reisender, der während der heißen Monate in Los Angeles und während der noch heißeren Monate in Tucson, Arizona, lebt. Er liebt die Demokratie, Pueblan cemitas und den FC Arsenal.
  • FOTO VON ANDREW BANGS
  • FOTO VON DOMINIC ALLAN; MIT FREUNDLICHER GENEHMIGUNG VON REAL LATIN AMERICA